Die Totmacher - Der Weg durch die Hölle
Bis zur Zeit der ersten Kreuzzüge um das Jahr 1099 nach
Christi Geburt spielte sich das Schlachten meist im häuslichen Bereich ab und war ein fester Bestandteil im bäuerlichen Jahreslauf. Die Länder waren dünn besiedelt, und erst durch die steigenden Bevölkerungszahlen entwickelte sich langsam ein gewerbsmäßiges Schlachten und Verarbeiten. Es gab dann so genannte Fleischbänke, wo die Metzger schlachteten und wursteten. Unter heute unvorstellbaren Bedingungen wurde dann meist an Flüssen das Schlachten als Gewerbe betrieben. Doch die Entwicklung ging rasch vorwärts.
Das erste öffentliche Schlachthaus in Augsburg, der so genannte Kuttelhof, wurde im Jahre 1276 durch die Metzgerzunft in Betrieb genommen, und gleichzeitig ordnete die Stadt Augsburg einen Schlachtzwang für das öffentliche Schlachthaus an. Dieser Kuttelhof hatte Bestand bis 1849. Im Jahre 1850 wurde dann in Augsburg ein neuer Schlachthof gebaut. Die anfallenden Schlachtabfälle wurden aber immer noch durch eine Öffnung in der Außenmauer direkt in den angrenzenden Lechkanal entleert.
In Chicago gab es die berühmten Stocks, wo weltweit zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte industriell ganze Viehherden geschlachtet und verarbeitet wurden. Schweine wurden lebend am Fließband abgestochen. Für Rinder bestand ein ausgeklügeltes System. Sie wurden von einem Leitstier, dem so genannten Verräter, in die Betäubungsboxen geführt. Darüber standen mit langen Hämmern die Töter und brachten die Rinder mittels Kopfschlag zu Fall. Dann wurden die Rinder am Fuß aufgehängt und weiter verarbeitet.
Die ersten Schlachtbänder der Geschichte standen also in Chicago. In Deutschland gab es die ersten Schlachtbänder Ende der 50er - Jahre. Das Schlachten war eine grausame Sache. Kleinvieh wurde generell nicht betäubt, die Rinder wurden meist per Kopfschlag, Bruststich oder Genickstich geschlachtet. Tierschutz war noch kein Thema. Trotzdem wurden immer wieder Versuche gemacht, das Morden »barmherziger« zu gestalten.
Mit wenig Erfolg, wie die folgende Chronologie zeigt: In der Geschichte des Schlachtens gab es sogar eine unblutige Methode, die so genannte englische Patent-Schlachtmethode, wobei das Tier per Kopfschlag betäubt wurde. Dann wurde mittels eines Blasebalges, dessen Kanüle man zwischen der vierten und fünften Rippe einstach, Luft in den Thorax gepumpt, so dass der Tod infolge Kompression der Lunge durch Ersticken erfolgte. Da kein Blut entzogen wurde, waren die Tierleichenteile nicht haltbar und verwesten schneller; so setzte sich diese Methode auch nicht durch.
In England versuchte man auch die Tötung mittels Dynamit, wobei das Dynamit an der Stirn befestigt und mittels galvanischem Strom zur Entzündung gebracht wurde.
Die Tötung mittels Luft versuchte man in Meißen, wobei man einen hohlen Eisenbolzen in das Gehirn der Tiere trieb und dann komprimierte Luft einströmen ließ. Auch davon ist man wieder abgekommen.
Weit verbreitet war der Genickstich oder der Genickschlag mit der Hackenbouterolle, wobei die Tiere zwar augenblicklich zusammenstürzten und regungslos liegen blieben, doch dies geschah bei vollem Bewusstsein. Das Tier ist nur gelähmt und wird erst nach vollständigem Blutentzug bewusstlos. Oft wurden mehrere Tiere per Genickschlag niedergestreckt, um dann nacheinander abgestochen zu werden. Da die Tiere diese Vorgänge bei vollem Bewusstsein erleiden mussten, kann man sie wohl als barbarische Tierquälerei bezeichnen.
Des weiteren wurden Versuche mit hochgespanntem elektrischen Strom gemacht. Hier liegt uns eine Beschreibung aus Aachen vor, in der der damalige Schlachthofdirektor Bockelmann das Töten von Ochsen und Pferden mittels Strom schildert: „Mit einem blitzartig, den Körper bewegenden Ruck zuckte das Pferd so mächtig auf, dass es einen Moment über dem Fußboden zu schweben schien. Die durch den Strom erzeugte Muskelkontraktion verursachte ein auf 3 Meter Entfernung hörbares Geräusch.” Auch von dieser Methode kam man wieder ab, außer bei den Schweinen, für die der Strom auch heute noch die allgemein übliche Betäubungsart ist.
Eine weitere Tötungsart ist das Niederlegen und Fesseln des Tieres, wonach ohne Betäubung der Schächtschnitt oder der Bruststich ausgeführt wird. Beim Bruststich wurden die großen Gefäßstämme am Brusteingang geöffnet, und das Tier verblutete langsam. Dann wurde ebenso der Herzstich versucht, was aber alles nicht “befriedigend” war.
Überwiegend wurde der Kopfschlag mit dem Schlachthammer ausgeführt. Dies dürfte auch in unserem Kulturkreis die wohl älteste Schlachtmethode sein. Vom Ausübenden wird hierbei aber eine gewisse Kraft und Gewandtheit gefordert, und auch hier dürften sich viele grausame Szenen abgespielt haben. Damit nicht am lebenden Tier geübt werden musste, hatte man nach Art der Kraftmesser auf Volksfesten Apparate gebaut, woran Lehrlinge ihre Geschicklichkeit üben konnten. Also haben sich die Schlächter doch schon auch Gedanken gemacht über ihr blutiges Handwerk, und dabei gab es immer Bestrebungen, unnötiges Tierleid zu vermeiden.
In spanischen Schlachthöfen allerdings üben heute Stierkämpfer an lebenden Kühen ihren Todesstoß, anscheinend jedoch erfolglos, da fast jeder Stier grausam zu Tode gefoltert und nachträglich mit dem Messer genickt wird.
Vorreiter im industriellen Abschlachten war auch die Liebig Fleisch-Companie, die viele von uns wegen ihrer bunten Sammelbildchen und dem Liebig-Fleischextrakt kennen. Von der Firma wurden in Brasilien ganze Rinderherden verarbeitet, wobei in einem riesigen Kral vor dem Schlachthaus ein Lanzenreiter die Tiere mittels Genickstich niederstreckte und Arbeiter mittels einer Winde die Tiere auf einen Rollwagen zogen, wo sie geschächtet wurden. Alles im Akkord.
Doch zurück zum Kopfschlag. Ein Tötungsmittel war auch die Schlachthacke, die auf der Rückseite einen Knauf hatte. Das Ausschlaggebende war aber immer der Ausübende. Ein Rind muss mit einem Schlag umfallen, da nach dem ersten Schlag die Stirnhaut anschwillt und wie ein Polster wirkt. Für Kleinvieh gab es noch die Schlachtkeule. Als Verbesserung kam dann um 1900 ein Schlachthammer auf, der auf der Rückseite einen Hohlmeißel hatte und mit dem man die Tiere zuverlässig zu Fall brachte.
Nun setzte eine zügige Entwicklung ein, die den Schlagbolzenhammer nach Kleinschmidt hervorbrachte. Dabei wurde ein Bolzen mit einem Aufsatz an den Schädel gehalten und der Bolzen mittels eines Holzhammers in das Gehirn getrieben. Ähnlich funktionierte der Betäubungsapparat von C. Sorge. Danach kam der Federbolzenapparat plus Nutenbolzenapparat.
In Chemnitz gab es einen neu entwickelten Betäubungsapparat. Die Fa. Renger & Co in Arnstadt erfand eine Schweineschlachtmaschine, worin die Tiere fixiert und per Bolzenschlag betäubt wurden. Dann gab es noch die kombinierte Schlachtmethode, wo die Tiere mit der Hackenbouterolle per Genickschlag niedergestreckt wurden und dann noch einen Schlag auf die Stirn erhielten.
Für Rinder gab es nun eine Schlachtmaske, die dem Rind am Kopf befestigt wurde. In der Maske befand sich ein Hohlmeißel aus Stahl, der nun mittels eines Holzhammers in das Gehirn getrieben wurde. Das Anlegen der Maske war sehr umständlich, und die Maske passte auch nicht auf jeden Rinderkopf.
Noch schlimmer waren die Pferde dran. Das Pferd hat zwar von allen Schlachttieren die dünnste Schädeldecke, doch ist der Pferdekopf viel schmaler als ein Rinderkopf, und dementsprechend gab es da auch mehr Fehlschläge.
Danach gab es noch die Schlachtmaske nach Kögler mit einem Federbolzen. Außerdem gab es die Schussbouterolle nach Siegmund, wo in der Schlachtmaske ein geladener Pistolenlauf steckte, mit einer Kugel. Mit der Entladung krachte es dann laut, und die Kugel flog dem Tier in den Schädel. Das störte natürlich den Betriebsablauf, da weitere Rinder, die in der Schlachthalle auf ihren Tod warteten, durch den Schussknall in Panik gerieten und versuchten, aus dem Schlachthaus zu entkommen. Es sind ja etliche Metzger durch wilde Tiere zu Tode gekommen.
Der Grundgedanke bei all den Verbesserungen der Schlachtmethoden war immer ein möglichst schnelles und sicheres Töten der Tiere, und der Tierschutzgedanke spielte natürlich auch eine Rolle. Kurios, dass sich immer wieder Metzger, deren tägliches Brot das Töten von Tieren ist, für den Tierschutz eingesetzt haben.
Umso unglaublicher, dass im Jahr 2002 beamtete Richter, die noch nie in einem Schlachthaus waren, das Schächten erlaubten, und das angeblich im Namen des Volkes.
Die nächste Entwicklung war dann die Schussbouterolle ohne Knall. Findige Köpfe dachten aber immer wieder über Verbesserungen nach. Bei den Kugelschussapparaten kam es auch immer wieder zu Verletzungen, und die Kugel musste ja auch wieder gesucht und entfernt werden. Arthur Stoff aus Erfurt erfand dann einen Schussapparat mit Schalldämpfer. Die unmittelbar daneben stehenden Rinder reagierten darauf nicht mehr mit Panik.
Über Jahre wurde mit dem Kugelschussapparat gearbeitet, bis man auf die Idee kam, einen Schussapparat ohne Kugeln zu konstruieren. Dieses erste Gerät – den Bolzenschussapparat „Mors” – erfand der Tierarzt und Schlachthofdirektor Schrader in Brandenburg. Der Apparat funktionierte zwar, das Problem war nur, dass der Schlagbolzen nicht automatisch zurückschnellte und beim Sturz des Tieres dann oft im Schädel abbrach. Doch dem Bolzenschussapparat gehörte dann doch, die Zukunft, und nach vielen Verbesserungen gelang es dann doch, einen funktionsfähigen Schussapparat zu konstruieren.
Die technische Entwicklung ging nun jedoch rasant vorwärts, die Bodenschlachtung war überholt, und heute gibt es in den Schlacht-höfen ausschließlich das Schlachtband. Wenn heute in modernen Schlachthöfen bis zu 300 Schweine in der Stunde geschlachtet werden, kann sich jeder ausmalen, wie das abläuft. Die Geschichte des Schlachtens ist heute also noch nicht abgeschlossen, sondern es kommen immer neue Kapitel dazu. Das dunkelste Kapitel der Menschheit ist noch nicht zu Ende...
Gekürzt aus: Burkhard Marterer:
Mein Weg durch die Hölle (vergriffen)
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»Heute sehen wir nichts mehr vom qualvollen Leben und Sterben des Schlachtviehs. Das geht automatisch vor sich. Eben noch ein Tier, im nächsten Augenblick schon zerteiltes Fleisch: unsere Nahrung. Unsere Art von Kannibalismus..« Luise Rinser, Schriftstellerin
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»Ich glaube, dass spiritueller Fortschritt an einem gewissen Punkt von uns verlangt, dass wir aufhören, unsere Mitlebewesen zur Befriedigung unserer körperlichen Verlangen zu töten.« Mahatma Gandhi
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»Das Fleisch, das wir essen, ist ein mindestens zwei bis fünf Tage alter Leichnam.« Volker Elis Pilgrim, Schriftsteller
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Christi Geburt spielte sich das Schlachten meist im häuslichen Bereich ab und war ein fester Bestandteil im bäuerlichen Jahreslauf. Die Länder waren dünn besiedelt, und erst durch die steigenden Bevölkerungszahlen entwickelte sich langsam ein gewerbsmäßiges Schlachten und Verarbeiten. Es gab dann so genannte Fleischbänke, wo die Metzger schlachteten und wursteten. Unter heute unvorstellbaren Bedingungen wurde dann meist an Flüssen das Schlachten als Gewerbe betrieben. Doch die Entwicklung ging rasch vorwärts.
Das erste öffentliche Schlachthaus in Augsburg, der so genannte Kuttelhof, wurde im Jahre 1276 durch die Metzgerzunft in Betrieb genommen, und gleichzeitig ordnete die Stadt Augsburg einen Schlachtzwang für das öffentliche Schlachthaus an. Dieser Kuttelhof hatte Bestand bis 1849. Im Jahre 1850 wurde dann in Augsburg ein neuer Schlachthof gebaut. Die anfallenden Schlachtabfälle wurden aber immer noch durch eine Öffnung in der Außenmauer direkt in den angrenzenden Lechkanal entleert.
In Chicago gab es die berühmten Stocks, wo weltweit zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte industriell ganze Viehherden geschlachtet und verarbeitet wurden. Schweine wurden lebend am Fließband abgestochen. Für Rinder bestand ein ausgeklügeltes System. Sie wurden von einem Leitstier, dem so genannten Verräter, in die Betäubungsboxen geführt. Darüber standen mit langen Hämmern die Töter und brachten die Rinder mittels Kopfschlag zu Fall. Dann wurden die Rinder am Fuß aufgehängt und weiter verarbeitet.
Die ersten Schlachtbänder der Geschichte standen also in Chicago. In Deutschland gab es die ersten Schlachtbänder Ende der 50er - Jahre. Das Schlachten war eine grausame Sache. Kleinvieh wurde generell nicht betäubt, die Rinder wurden meist per Kopfschlag, Bruststich oder Genickstich geschlachtet. Tierschutz war noch kein Thema. Trotzdem wurden immer wieder Versuche gemacht, das Morden »barmherziger« zu gestalten.
Mit wenig Erfolg, wie die folgende Chronologie zeigt: In der Geschichte des Schlachtens gab es sogar eine unblutige Methode, die so genannte englische Patent-Schlachtmethode, wobei das Tier per Kopfschlag betäubt wurde. Dann wurde mittels eines Blasebalges, dessen Kanüle man zwischen der vierten und fünften Rippe einstach, Luft in den Thorax gepumpt, so dass der Tod infolge Kompression der Lunge durch Ersticken erfolgte. Da kein Blut entzogen wurde, waren die Tierleichenteile nicht haltbar und verwesten schneller; so setzte sich diese Methode auch nicht durch.
In England versuchte man auch die Tötung mittels Dynamit, wobei das Dynamit an der Stirn befestigt und mittels galvanischem Strom zur Entzündung gebracht wurde.
Die Tötung mittels Luft versuchte man in Meißen, wobei man einen hohlen Eisenbolzen in das Gehirn der Tiere trieb und dann komprimierte Luft einströmen ließ. Auch davon ist man wieder abgekommen.
Weit verbreitet war der Genickstich oder der Genickschlag mit der Hackenbouterolle, wobei die Tiere zwar augenblicklich zusammenstürzten und regungslos liegen blieben, doch dies geschah bei vollem Bewusstsein. Das Tier ist nur gelähmt und wird erst nach vollständigem Blutentzug bewusstlos. Oft wurden mehrere Tiere per Genickschlag niedergestreckt, um dann nacheinander abgestochen zu werden. Da die Tiere diese Vorgänge bei vollem Bewusstsein erleiden mussten, kann man sie wohl als barbarische Tierquälerei bezeichnen.
Des weiteren wurden Versuche mit hochgespanntem elektrischen Strom gemacht. Hier liegt uns eine Beschreibung aus Aachen vor, in der der damalige Schlachthofdirektor Bockelmann das Töten von Ochsen und Pferden mittels Strom schildert: „Mit einem blitzartig, den Körper bewegenden Ruck zuckte das Pferd so mächtig auf, dass es einen Moment über dem Fußboden zu schweben schien. Die durch den Strom erzeugte Muskelkontraktion verursachte ein auf 3 Meter Entfernung hörbares Geräusch.” Auch von dieser Methode kam man wieder ab, außer bei den Schweinen, für die der Strom auch heute noch die allgemein übliche Betäubungsart ist.
Eine weitere Tötungsart ist das Niederlegen und Fesseln des Tieres, wonach ohne Betäubung der Schächtschnitt oder der Bruststich ausgeführt wird. Beim Bruststich wurden die großen Gefäßstämme am Brusteingang geöffnet, und das Tier verblutete langsam. Dann wurde ebenso der Herzstich versucht, was aber alles nicht “befriedigend” war.
Überwiegend wurde der Kopfschlag mit dem Schlachthammer ausgeführt. Dies dürfte auch in unserem Kulturkreis die wohl älteste Schlachtmethode sein. Vom Ausübenden wird hierbei aber eine gewisse Kraft und Gewandtheit gefordert, und auch hier dürften sich viele grausame Szenen abgespielt haben. Damit nicht am lebenden Tier geübt werden musste, hatte man nach Art der Kraftmesser auf Volksfesten Apparate gebaut, woran Lehrlinge ihre Geschicklichkeit üben konnten. Also haben sich die Schlächter doch schon auch Gedanken gemacht über ihr blutiges Handwerk, und dabei gab es immer Bestrebungen, unnötiges Tierleid zu vermeiden.
In spanischen Schlachthöfen allerdings üben heute Stierkämpfer an lebenden Kühen ihren Todesstoß, anscheinend jedoch erfolglos, da fast jeder Stier grausam zu Tode gefoltert und nachträglich mit dem Messer genickt wird.
Vorreiter im industriellen Abschlachten war auch die Liebig Fleisch-Companie, die viele von uns wegen ihrer bunten Sammelbildchen und dem Liebig-Fleischextrakt kennen. Von der Firma wurden in Brasilien ganze Rinderherden verarbeitet, wobei in einem riesigen Kral vor dem Schlachthaus ein Lanzenreiter die Tiere mittels Genickstich niederstreckte und Arbeiter mittels einer Winde die Tiere auf einen Rollwagen zogen, wo sie geschächtet wurden. Alles im Akkord.
Doch zurück zum Kopfschlag. Ein Tötungsmittel war auch die Schlachthacke, die auf der Rückseite einen Knauf hatte. Das Ausschlaggebende war aber immer der Ausübende. Ein Rind muss mit einem Schlag umfallen, da nach dem ersten Schlag die Stirnhaut anschwillt und wie ein Polster wirkt. Für Kleinvieh gab es noch die Schlachtkeule. Als Verbesserung kam dann um 1900 ein Schlachthammer auf, der auf der Rückseite einen Hohlmeißel hatte und mit dem man die Tiere zuverlässig zu Fall brachte.
Nun setzte eine zügige Entwicklung ein, die den Schlagbolzenhammer nach Kleinschmidt hervorbrachte. Dabei wurde ein Bolzen mit einem Aufsatz an den Schädel gehalten und der Bolzen mittels eines Holzhammers in das Gehirn getrieben. Ähnlich funktionierte der Betäubungsapparat von C. Sorge. Danach kam der Federbolzenapparat plus Nutenbolzenapparat.
In Chemnitz gab es einen neu entwickelten Betäubungsapparat. Die Fa. Renger & Co in Arnstadt erfand eine Schweineschlachtmaschine, worin die Tiere fixiert und per Bolzenschlag betäubt wurden. Dann gab es noch die kombinierte Schlachtmethode, wo die Tiere mit der Hackenbouterolle per Genickschlag niedergestreckt wurden und dann noch einen Schlag auf die Stirn erhielten.
Für Rinder gab es nun eine Schlachtmaske, die dem Rind am Kopf befestigt wurde. In der Maske befand sich ein Hohlmeißel aus Stahl, der nun mittels eines Holzhammers in das Gehirn getrieben wurde. Das Anlegen der Maske war sehr umständlich, und die Maske passte auch nicht auf jeden Rinderkopf.
Noch schlimmer waren die Pferde dran. Das Pferd hat zwar von allen Schlachttieren die dünnste Schädeldecke, doch ist der Pferdekopf viel schmaler als ein Rinderkopf, und dementsprechend gab es da auch mehr Fehlschläge.
Danach gab es noch die Schlachtmaske nach Kögler mit einem Federbolzen. Außerdem gab es die Schussbouterolle nach Siegmund, wo in der Schlachtmaske ein geladener Pistolenlauf steckte, mit einer Kugel. Mit der Entladung krachte es dann laut, und die Kugel flog dem Tier in den Schädel. Das störte natürlich den Betriebsablauf, da weitere Rinder, die in der Schlachthalle auf ihren Tod warteten, durch den Schussknall in Panik gerieten und versuchten, aus dem Schlachthaus zu entkommen. Es sind ja etliche Metzger durch wilde Tiere zu Tode gekommen.
Der Grundgedanke bei all den Verbesserungen der Schlachtmethoden war immer ein möglichst schnelles und sicheres Töten der Tiere, und der Tierschutzgedanke spielte natürlich auch eine Rolle. Kurios, dass sich immer wieder Metzger, deren tägliches Brot das Töten von Tieren ist, für den Tierschutz eingesetzt haben.
Umso unglaublicher, dass im Jahr 2002 beamtete Richter, die noch nie in einem Schlachthaus waren, das Schächten erlaubten, und das angeblich im Namen des Volkes.
Die nächste Entwicklung war dann die Schussbouterolle ohne Knall. Findige Köpfe dachten aber immer wieder über Verbesserungen nach. Bei den Kugelschussapparaten kam es auch immer wieder zu Verletzungen, und die Kugel musste ja auch wieder gesucht und entfernt werden. Arthur Stoff aus Erfurt erfand dann einen Schussapparat mit Schalldämpfer. Die unmittelbar daneben stehenden Rinder reagierten darauf nicht mehr mit Panik.
Über Jahre wurde mit dem Kugelschussapparat gearbeitet, bis man auf die Idee kam, einen Schussapparat ohne Kugeln zu konstruieren. Dieses erste Gerät – den Bolzenschussapparat „Mors” – erfand der Tierarzt und Schlachthofdirektor Schrader in Brandenburg. Der Apparat funktionierte zwar, das Problem war nur, dass der Schlagbolzen nicht automatisch zurückschnellte und beim Sturz des Tieres dann oft im Schädel abbrach. Doch dem Bolzenschussapparat gehörte dann doch, die Zukunft, und nach vielen Verbesserungen gelang es dann doch, einen funktionsfähigen Schussapparat zu konstruieren.
Die technische Entwicklung ging nun jedoch rasant vorwärts, die Bodenschlachtung war überholt, und heute gibt es in den Schlacht-höfen ausschließlich das Schlachtband. Wenn heute in modernen Schlachthöfen bis zu 300 Schweine in der Stunde geschlachtet werden, kann sich jeder ausmalen, wie das abläuft. Die Geschichte des Schlachtens ist heute also noch nicht abgeschlossen, sondern es kommen immer neue Kapitel dazu. Das dunkelste Kapitel der Menschheit ist noch nicht zu Ende...
Gekürzt aus: Burkhard Marterer:
Mein Weg durch die Hölle (vergriffen)
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»Heute sehen wir nichts mehr vom qualvollen Leben und Sterben des Schlachtviehs. Das geht automatisch vor sich. Eben noch ein Tier, im nächsten Augenblick schon zerteiltes Fleisch: unsere Nahrung. Unsere Art von Kannibalismus..« Luise Rinser, Schriftstellerin
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»Ich glaube, dass spiritueller Fortschritt an einem gewissen Punkt von uns verlangt, dass wir aufhören, unsere Mitlebewesen zur Befriedigung unserer körperlichen Verlangen zu töten.« Mahatma Gandhi
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»Das Fleisch, das wir essen, ist ein mindestens zwei bis fünf Tage alter Leichnam.« Volker Elis Pilgrim, Schriftsteller
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robinhood - 15. Sep, 12:10