Forschung? G´sunde Skepsis ist mehr als angebracht...
Forschung: Skepsis mitunter angebracht
Forschung: Skepsis mitunter angebrachtNicht überall wo Wissenschaft draufsteht, steckt auch Verlässlichkeit drin, zeigen US-amerikanische Forscher anhand einer Meta-Analyse zu Getränke-Studien.
Dass der Standort den Standpunkt bestimmt, ist ein geflügeltes Wort, das kritische Zeitgenossen gerne auf den Lippen haben. Eine aktuelle US-Untersuchung bestätigt nun, dass dieser Spruch durchaus seine Berechtigung hat: Bei vielen wissenschaftlichen Studien beeinflusse die Art der Finanzierung das Forschungsergebnis mehr oder weniger deutlich, so Autor David Ludwig. Der an der Universität Harvard und am Children’s Hospital in Boston tätige Wissenschafter empfiehlt den Konsumenten, nicht alles für bare Münze zu nehmen, was den Stempel "Wissenschaft" trägt.
Das Team um Ludwig konnte belegen, dass in Studien zur Wirkungsweise von bestimmten Getränken diese häufiger positiv abschnitten, wenn die Industrie die Untersuchung finanziert hatte. Staatlich finanzierte oder von unabhängigen Gruppen in Auftrag gegebene Studien kamen nachweislich weniger oft zu solch positiven Ergebnissen. Damit unterstreiche die aktuelle Untersuchung auch frühere Studien, die nahe gelegt hätten, dass Medikamente besonders gut abschneiden, wenn die entsprechenden Tests von der produzierenden Firma selbst finanziert werden.
Getränke-Industrie im Fokus
"Wir greifen nicht einen einzelnen Industriezweig oder ein einzelnes Produkt heraus", beschreibt Ludwig, der gemeinsam mit seinen Kollegen 111 Untersuchungen aus den Jahren 1999 bis 2003 analysierte, die zu Softdrinks, Fruchtsäften und Milch durchgeführt worden waren. Aus mehreren Gründen habe man gerade Studien zu Getränken herangezogen, so Ludwig: Einerseits werde deren Stellenwert in der Ernährung sehr kontroversiell diskutiert, andererseits sei dieser Wirtschaftszweig ein sehr finanzkräftiger, der große Summen in die Produktforschung stecke.
Die Untersuchung ergab, dass von der Industrie finanzierte Studien vier- bis achtmal häufiger ein für die produzierenden Firmen günstiges Ergebnis brachten als von unabhängigen Organisationen finanzierte Projekte. Von den 22 eindeutig von Firmen bezahlten Untersuchungen kamen lediglich drei zu einem Ergebnis, das die jeweiligen Getränke in einem unvorteilhaften Licht erscheinen ließ. Zum Vergleich: Von den unabhängigen Untersuchungen kamen 38 Prozent zu einem negativen Ergebnis.
"Forscher nicht verantwortlich"
Das US-amerikanische Team sieht Anlass zur Befürchtung, "dass Teile der Nahrungsmittelindustrie die wissenschaftliche Forschung im Bereich von Ernährung und Gesundheit unterwandern". Üblich sei heute auch, dass Studien, in denen Produkte nicht optimal abschneiden, zurückgehalten werden. Die Forschungsfragen würden außerdem oft so gestellt, dass unweigerlich die erwünschten Aussagen generiert werden. "Ich mache aber nicht die Forscher für dieses Problem verantwortlich", betont Ludwig.
Vielmehr liege das Problem darin, dass der Staat nicht genug Geld für wissenschaftliche Forschung im Bereich der Ernährung aufwende. "Dem Geld der Industrie können viele nicht widerstehen", so der Forscher. "Stellen Sie sich vor: Sie stehen als Wissenschafter vor der Entscheidung, Geld aus der Wirtschaft anzunehmen oder Ihr Institut schließen zu müssen."
Die Studie von Ludwig und seinen Kollegen wurde übrigens von der unabhängigen Charles H. Hood Foundation für Kindergesundheit finanziert. Die US-Getränkeindustrie hat die geäußerte Kritik aufgrund von "Vorurteilen" der Autoren bereits zurückgewiesen.
Quellen: Ludwig DS et al: Relationship between Funding Source and Conclusion among Nutrition-Related Scientific Articles. In: PLoS medicine (Online-Vorabveröffentlichung) Jänner 2007; Reuters Health
zur Kurzdarstellung der Studie (englisch)
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robinhood - 20. Jan, 15:40